Umsatzsteuer Newsletter 10/2014
Erste zaghafte Änderungen in der Umsatzsteuer durch neue Bundesregierung
Die Bundesregierung hat den Referentenentwurf zur Anpassung des nationalen Steuerrechts an den Beitritt Kroatiens zur EU und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vorgelegt (StÄndAnpG-Kroatien). Es geht dabei aber nicht nur um den Beitritt Kroatiens. Vielmehr werden auch längst überfällige Korrekturen wie z. B. bei der Mindestbemessungsgrundlage oder im Hinblick auf Steuerbefreiungsnormen vorgenommen.


1. Anlass

Nach dem Koalitionsvertrag der Bundesregierung wird mit keinen großen Änderungen in der Umsatzsteuer zu rechnen sein. Gleichwohl wurde nunmehr der Referentenentwurf zur „Anpassung des nationalen Steuerrechts an den Beitritt Kroatiens zur EU und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften“ vorgelegt. Die wichtigsten Änderungen sollen im Folgenden kurz skizziert werden.

2. Steuerbefreiungen

In § 4 Nr. 25 UStG wird die Steuerbefreiungsnorm für Leistungen der Kindertagespflege angepasst, um der Neufassung des Kinderförderungsgesetzes gerecht zu werden.

In § 4 Nr. 15b UStG wird zukünftig eine eigenständige Umsatzsteuerbefreiungsnorm für Arbeitsmarktdienst­leistungen geschaffen. So sind die Eingliederungs­leistungen nach dem SGB II und die Leistungen der aktiven Arbeitsförderung nach dem SGB III sowie die hiermit vergleichbaren Leistungen zukünftig steuerfrei. Grundlage für die gesetzliche Änderung ist Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL, wonach „eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Leistungen“ nach Unionsrecht befreit sind.

In der Gesetzesbegründung macht der Gesetzgeber interessante Ausführungen zum Begriff der Einrichtung mit sozialem Charakter. Danach soll dieser Charakter nur dann gegeben sein, wenn die Einrichtung durch eine fachkundige Stelle zugelassen ist oder aber einen Vertrag mit dem gesetzlichen Träger der Grundsicherung abgeschlossen hat. Der Gesetzgeber stellt dabei klar, dass auch eine natürliche Person eine solche Einrichtung sein kann. Allerdings wird gleichzeitig darauf hingewiesen, dass das Tätigwerden als Subunternehmer nicht ausreichend sein soll (vgl. dazu aber KMLZ-Newsletter 34/2013).

Eine Anpassung an das Unionsrecht erfolgt auch bei der Steuerbefreiungsnorm für die Gestellung von Personal durch religiöse und weltanschauliche Einrichtungen. Bisher war diese Personalgestellung nur dann steuerfrei, wenn die Gestellung für gemeinnützige, mildtätige, kirchliche oder schulische Zwecke erfolgt ist.

Für die Steuerbefreiung soll zukünftig entscheidend sein, dass das gestellte Personal von der Zieleinrichtung für Zwecke der Krankenhausbehandlung und ärztlichen Heilbehandlung in Krankenanstalten, der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit, der Kinder- und Jugendbetreuung, der Erziehung, des Schul- und Hochschulunterrichts sowie der Aus- und Fortbildung eingesetzt wird. Die Ziel­einrichtung muss also grundsätzlich steuerfreie Leistungen ausführen. Wird Personal hingegen für Zwecke geistigen Beistands, z. B. für das Abhalten von Gottesdiensten, gestellt, muss die aufnehmende Einrichtung keine weiteren Voraussetzungen erfüllen.

Klargestellt wird auch, dass Personalgestellung sowohl bei abhängig beschäftigten Personen als auch bei selbst­ständigen Mitarbeitern vorliegt.

3. Fiktion der Leistungskommission bei Telekommunikation

Die bisherige Fiktion der Leistungskommission in § 45h Abs. 4 des Telekommunikationsgesetzes (TKG) wird nun­mehr in das UStG übernommen. Die Neuregelung stellen wir im nächsten Newsletter vor.

4. Einschränkung der Mindestbemessungsgrundlage

Nach § 10 Abs. 5 UStG greift die sog. Mindestbemessungs­grundlage bei einer entgeltlichen Lieferung oder sonstigen Leistung an eine dem Unternehmer nahestehende Person oder an sein Personal oder dessen Angehörige, wenn das vereinbarte Entgelt niedriger liegt als die Kosten im Sinne des § 10 Abs. 4 UStG.

Besonders problematisch ist die Mindestbemessungs­grundlage in den Fällen, in denen Wirtschaftsgüter zur Nutzung überlassen werden. Denn zu den Kosten im Sinne von § 10 Abs. 4 UStG gehören auch die Anschaffungs- oder Herstellungskosten. Sie sind auf einen Zeitraum zu verteilen, der dem für das Wirtschaftsgut maßgeblichen Berichtigungszeitraum nach § 15a UStG entspricht (5 Jahre bei beweglichen Gegenständen und 10 Jahre bei Gebäuden).

Der Gesetzgeber schränkt diese Regelung nun dahingehend ein, dass das marktübliche Entgelt die Obergrenze des Entgelts bildet. Nach der Gesetzesbegründung soll das marktübliche Entgelt anhand der Gegenleistung für vergleichbare Leistungen, die am Ort der Leistungs­­erbringung von einem fremden Dritten üblicherweise aufzu­bringen ist, festgestellt werden.

Mit der gesetzlichen Änderung versucht der Gesetzgeber, den Anforderungen der Rechtsprechung Genüge zu tun (vgl. u. a. EuGH, Urt. v. 29.05.1997, C-63/96 sowie zuletzt BFH, Urt. v. 19.06.2011, XI R 8/09). Danach setzt die Anwendung der Mindestbemessungsgrundlage voraus, dass die Gefahr von Steuerhinterziehung oder -umgehungen besteht. Hieran fehlt es aber, wenn das vereinbarte Entgelt dem markt­üblichen Entgelt entspricht oder der Unternehmer seine Leistung in Höhe des marktüblichen Entgelts versteuert oder die Kosten nach § 10 Abs. 4 UStG höher wären als das marktübliche Entgelt.

Ansprechpartner:

Prof. Dr. Thomas Küffner
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer
Tel.: 089 / 217 50 12 - 30
thomas.kueffner@kmlz.de

Stand: 16.04.2014