Umsatzsteuer Newsletter 48/2023
MwSt-Ausschuss: Verkauf von virtuellen Gütern über digitale Plattformen
Der Mehrwertsteuerausschuss der EU- Kommission setzt sich mit der umsatzsteuerlichen Behandlung des Verkaufs von virtuellen Gütern (z. B. Skins aus Online-Videospielen) über digitale Plattformen auseinander. Der Mehrwertsteuerausschuss soll beurteilen, ob die umsatzsteuerrechtlichen Grundsätze auch bei diesem digitalen Geschäftsmodell Anwendung finden. Das Arbeitspapier des Mehrwertsteuerausschusses deutet bereits darauf hin, dass sich aus der kommenden Stellungnahme auch Rückschlüsse im Hinblick auf den Handel von Crypto Art oder NFTs über digitale Plattformen ziehen lassen können.
1 Hintergrund
Dänemark hat den Mehrwertsteuerausschuss der EU-Kommission um Stellungnahme zur umsatzsteuerlichen Behandlung des Handels mit virtuellen Gütern über digitale Plattformen gebeten. Die betreffenden virtuellen Güter sind sog. „Skins“ aus Online-Videospielen (z. B. Uniform einer Spielerfigur, zusätzliche Leben, Waffen usw.). Die digitale Plattform stellt den Spielern die Skins über sog. Loot-Boxen im Online-Videospiel zur Verfügung. Die Spieler können über digitale Plattformen untereinander mit den Skins handeln. Diese Transaktionen finden nicht notwendigerweise auf der digitalen Plattform statt, die die Skins ausgegeben hat.
 
 
In dem Beispielsfall spielt der Spieler 1 ein Online-Videospiel auf Plattform 1 und erwirbt dort Skins. Daneben erwirbt er weitere Skins auf Plattform 2. Er verwendet die erworbenen Skins zunächst im Online-Videospiel auf Plattform 1 und verkauft diese im Anschluss über die Plattform 2 an Spieler 2 mit einer Gewinnmarge.
 
2 Fragen an den Mehrwertsteuerausschuss
Der Mehrwertsteuerausschuss soll klären, ob der Verkauf von Skins durch natürliche Personen auf dem Sekundärmarkt in den Anwendungsbereich der Umsatzsteuer fällt. In diesem Zusammenhang stellen sich die Fragen, ob (i) ein steuerbarer Vorgang gegen Entgelt (ii) eines Unternehmers iSd. Umsatzsteuerrechts vorliegt. Dazu hat der Service der EU-Kommission wie folgt Stellung genommen: 
  • Eine Dienstleistung gegen Entgelt kann vorliegen, wenn eine natürliche Person über eine digitale Plattform sog. Skins an andere Spieler verkauft und dafür ein Entgelt erhält.
  • Sofern eine natürliche Person über einen längeren Zeitraum regelmäßig Skins gegen Entgelt verkauft, handelt diese als Unternehmer iSd. Umsatzsteuerrechts, so dass die Verkäufe in den Anwendungsbereich der Umsatzsteuer fallen.
3 Deutsche Sichtweise
Der BFH hat bereits in einem ähnlich gelagerten Fall entschieden. In dem Urteilsfall erwirtschaftete ein Spieler im Online-Videospiel Spielgeld und übertrug dieses über eine von der Spielbetreiberin verwaltete Börse gegen Echtgeld auf andere Spieler (BFH, Urt. v. 18.11.2021 – V R 38/19). Nach Auffassung des BFH verschaffte der Spieler anderen Spielern mit dem Spielgeld ein virtuelles Spielobjekt zur späteren Nutzung im Spiel und damit einen verbrauchsfähigen Vorteil. Im Ergebnis bejahte der BFH eine Dienstleistungskommission zwischen dem Spieler, der digitalen Plattform und den anderen Spielern. Dieser vom BFH entschiedene Fall ist vergleichbar mit dem Verkauf von virtuellen Gütern (z. B. Skins aus Online-Videospielen) auf digitalen Plattformen. Sofern die Unternehmereigenschaft des Spielers bejaht wird, dürfte daher nach deutscher Sichtweise beim Verkauf von virtuellen Gütern (z. B. Skins aus Online-Videospielen) über digitale Plattformen regelmäßig eine Dienstleistungskommission nach § 3 Abs. 11a UStG vorliegen.
 
4 Praxisfolgen
Auch für den Verkauf virtueller Güter finden die umsatzsteuerrechtlichen Grundsätze Anwendung. Der Spieler kann den Verkauf von virtuellen Gütern über digitale Plattformen im Rahmen seines Unternehmens ausführen. Regelmäßig liegt dann eine Dienstleistungskommission nach § 3 Abs. 11a UStG vor, d. h., Spieler 1 erbringt eine steuerpflichtige sonstige Leistung an die Plattform 2 und diese eine steuerpflichtige sonstige Leistung an Spieler 2. Aus seinen Eingangsleistungen (z. B. Hard- und Software) ist der Spieler 1 grundsätzlich zum Vorsteuerabzug berechtigt. 
 
Die sich daraus für die digitale Plattform ergebenden umsatzsteuerlichen Folgen sind ebenso beachtlich. Bisher gehen digitale Plattformen, die den Handel von virtuellen Gütern ermöglichen, regelmäßig von B2C-Leistungen aus. Das bedeutet, dass sich der Leistungsort im Fall einer auf elektronischem Weg erbrachten sonstigen Leistung gemäß § 3a Abs. 5 UStG am Wohnsitz / gewöhnlichen Aufenthaltsort des Spielers befindet. Sofern dagegen eine B2B-Leistung vorliegt, befindet sich der Leistungsort nach § 3a Abs. 2 UStG am Sitz des Unternehmens des Spielers. Dies führt bei einem Inlandssachverhalt nicht zu einem abweichenden Leistungsort. Allerdings unterliegen grenzüberschreitende sonstige Leistungen im B2B-Fall der Umkehr der Steuerschuld. Daher darf die digitale Plattform in diesen Fällen keine Umsatzsteuer ausweisen. Zur Steuerfindung sollte die digitale Plattform daher im Onboarding-Prozess des Spielers eine Abfrage der USt-ID implementieren, um den Status des Spielers zu ermitteln (vgl. Art. 18 MwStVO). In der Praxis stellt sich dann die Frage, ob die digitale Plattform auf die Angabe des Spielers vertrauen kann. Der Hintergrund ist, dass die Vermutungsregelung in Art. 18 MwStVO nur für den Fall gilt, dass der digitalen Plattform „keine gegenteiligen Informationen vorliegen“. Dies muss jeweils im konkreten Einzelfall beantwortet werden.
 
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Dr. Matthias Oldiges
Rechtsanwalt
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Stand: 05.12.2023