Umsatzsteuer Newsletter 17/2024
JStG 2024-E: Kleinunternehmer goes international
Der Referentenentwurf zum JStG 2024 enthält für Kleinunternehmer zwei entscheidende Änderungen: Die Umsatzgrenzen werden auf 25.000 EUR und 100.000 EUR angehoben und auch in ihrer Wirkungsweise umgestaltet. Zudem können EU-Kleinunternehmer ab 2025 auch in anderen EU-Staaten von der dortigen Kleinunternehmerbefreiung profitieren. Dazu werden ein besonderes Meldeverfahren und eine neue Kleinunternehmer-Identifikationsnummer eingeführt.
1 Bis dato: Die Kleinunternehmerregelung gilt nur im Inland
Bisher gilt die Kleinunternehmerregelung nach § 19 UStG nur im Inland. Deutsche Kleinunternehmer müssen daher im EU-Ausland ihren Umsatz ab dem ersten Euro umsatzversteuern. Und umgekehrt genauso: Ausländische Kleinunternehmer können nicht vom deutschen § 19 UStG profitieren. Der EuGH hat diese Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit im Jahr 2010 (Rs. C 97/09 – Ingrid Schmelz) abgesegnet, da sie in der bisherigen Fassung der 6. EG-RL / MwStSystRL so angelegt ist.
 
2 Deutscher Gesetzgeber setzt Änderungen der MwStSystRL zum 01.01.2025 um
Die Vorschriften über die Kleinunternehmer in Art. 282 ff. MwStSystRL wurden 2020 daher neu gefasst. Die Mitgliedstaaten müssen ihre nationalen Regelungen bis zum 01.01.2025 anpassen. Deutschland setzt diese Vorgaben mit einem geänderten § 19 UStG-E (Besteuerung der Kleinunternehmer) und einem neuen § 19a UStG-E (Besonderes Meldeverfahren) um. Flankiert werden diese gesetzlichen Regelungen durch eine neue Vorschrift zur Rechnungstellung von Kleinunternehmern in § 34a UStDV-E.
 
3 Im Inland ansässige Kleinunternehmer
Inländische Umsätze von inländischen Kleinunternehmern sind künftig steuerfrei. Die etwas seltsam anmutende bisherige Regelung, dass die Steuer nicht erhoben wird, ist ab dem Jahreswechsel passé. Die Umsatzgrenzen von 22.000 EUR (Vorjahr) und 50.000 EUR (laufendes Kalenderjahr) werden auf 25.000 EUR und 100.000 EUR angehoben. Dabei ist zu beachten, dass es sich bisher um Bruttogrenzen handelt, bald werden es Nettogrenzen sein. Die heutigen 50.000 EUR dürfen im laufenden Kalenderjahr voraussichtlich nicht überschritten werden (Prognoseentscheidung). Ab 2025 kommt für den Umsatz des laufenden Kalenderjahres eine „scharfe“ Grenze von 100.000 EUR, mit deren Überschreiten der Kleinunternehmerstatus unterjährig wegfällt. Auch die Umrechnung in einen Gesamtjahresumsatz entfällt.
 
4 EU-Kleinunternehmer 
4.1 Überblick 
EU-Kleinunternehmer können ab 2025 auch in anderen EU-Staaten von der dortigen Kleinunternehmerregelung profitieren, sofern sie unionsweit eine Umsatzgrenze von 100.000 EUR nicht überschreiten. Mitteilen können die Kleiunternehmer dies den Finanzbehörden ihres Ansässigkeitsstaates. Für deutsche Kleinunternehmer wird durch das JStG 2024 ein neuer § 19a UStG-E geschaffen (s. unten 4.3). EU-Kleinunternehmer erhalten eine unionsweit gültige Kleinunternehmer-Identifikationsnummer (KU-IdNr.).
 
4.2 EU-Kleinunternehmer in Deutschland
Werden im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer in Deutschland aktiv, ist die deutsche Kleinunternehmerregelung nach § 19 Abs. 4 UStG-E auch auf sie anwendbar, wenn
  • der nach Art. 288 MwStSystRL ermittelte Jahresumsatz im Gemeinschaftsgebiet, also der EU-weite Jahresumsatz, im Vorjahr 100.000 EUR nicht überschritten hat und im laufenden Kalender nicht überschreitet („doppelte 100.000-EUR-Grenze“) und
  • der Unternehmer eine insoweit gültige KU-IdNr. besitzt, die ihm sein Ansässigkeitsstaat erteilt hat.

4.3 Deutsche Kleinunternehmer im EU-Ausland: besonderes Meldeverfahren / KU-IdNr. 

Beabsichtigt ein deutscher Kleinunternehmer, die Steuerbefreiung in einem anderen Mitgliedstaat in Anspruch zu nehmen, muss er nach § 19a UStG-E an einem elektronischen Meldeverfahren teilnehmen. Das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) erteilt ihm eine KU-IdNr. mit einem Annex „EX“. Hierfür ist insbesondere Voraussetzung, dass der Kleinunternehmer die „doppelte 100.000-EUR-Grenze“ (s.o. 4.2) nicht überschreitet und die Voraussetzungen der Kleinunternehmerregelung des Mitgliedstaats, der die Steuerbefreiung gewährt, erfüllt. Letzteres muss das BZSt beim anderen Mitgliedstaat anfragen, der sodann das BZSt über das Ergebnis seiner Prüfung informiert. Ist der Unternehmer in keinem anderen Mitgliedstaat zur Anwendung der Kleinunternehmerregelung (bereits) registriert, erteilt das BZSt dem Unternehmer eine insoweit gültige KU-IdNr. Damit die Einhaltung der Umsatzgrenzen überprüft werden kann, müssen beim BZSt vierteljährlich elektronische Umsatzmeldungen mit Angaben zu den Umsätzen in allen Mitgliedstaaten abgegeben werden.
 
5 Rechnungen von Kleinunternehmern (§ 34a UStDV-E)
Bis jetzt dürfen Kleinunternehmer in ihren Rechnungen keine Umsatzsteuer gesondert ausweisen; dabei bleibt es auch weiterhin. Neu ist, dass Kleinunternehmer auf die Steuerbefreiung des § 19 UStG hinweisen müssen (§ 34a Nr. 5 UStDV E). Das haben viele Kleinunternehmer auch bisher schon so gehandhabt, um Rückfragen bzgl. des fehlenden Umsatzsteuerausweises zu vermeiden. Bald sind sie dazu verpflichtet.
 
6 Fazit
Die neue Kleinunternehmerregelung macht künftig nicht mehr an der nationalen Grenze halt. Liegen die genannten Voraussetzungen vor, gilt sie EU-weit. Erkauft wird dieses Ergebnis mit einem besonderen Meldeverfahren, das einen immensen Verwaltungsaufwand nach sich zieht, und einer weiteren IdNr., der neuen KU-IdNr. Ob es das wert ist? Jedenfalls sollten sich Unternehmer mit Nettoumsätzen bis zu 25.000 EUR auf die geplante Neuregelung einstellen.
 
Ansprechpartner: 
 
 
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht
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Stand: 16.04.2024