Umsatzsteuer Newsletter 16/2024
JStG 2024-E: Anpassung von Steuerbefreiungen an Unionsrecht – Kreditverwaltung und L+F-Betriebshilfe
Der Referentenentwurf zum JStG 2024 will u. a. zwei Steuerbefreiungsnormen unionsrechtskonform ausgestalten. § 4 Nr. 8 Buchst. a und g UStG sollen – entsprechend dem eindeutigen Wortlaut der MwStSystRL – um die Verwaltung von Krediten und Kreditsicherheiten durch den Kreditgeber ergänzt werden. Andererseits geht es um die Steuerbefreiung von Betriebshilfeleistungen an Land- und Forstwirte. § 4 Nr. 27 Buchst. b UStG soll rechtsformneutral und unionsrechtskonform entsprechend ergänzt werden, sodass er weitergehende Leistungen einzelunternehmerisch tätiger Betriebshelfer erfasst.
Neues Spiel, neues Glück: Laut dem Referentenentwurf des Jahressteuergesetzes 2024 sollen zwei Steuerbefreiungsvorschriften derart ergänzt werden, wie es bereits 2023 vorgesehen war. Diese Änderungen schafften es letztes Jahr aber nicht durch das Gesetzgebungsverfahren bis auf den Schreibtisch des Bundespräsidenten und sodann ins Bundesgesetzblatt. Konkret geht es um die Steuerbefreiung der Kreditverwaltung durch Kreditgeber und die Erweiterung der Steuerbefreiung von Betriebshelfern. Nunmehr unternimmt die Bundesregierung einen neuen Anlauf, die unionsrechtlich erforderlichen Anpassungen im nationalen Recht vorzunehmen. 
 
1 Kreditverwaltung 
Nach § 4 Nr. 8 Buchst. a und g UStG soll neben der Vergabe von Krediten und Kreditsicherheiten auch deren Verwaltung durch die Kreditgeber von der Umsatzsteuer befreit werden. Eine entsprechende Regelung war fast wortgleich bereits im Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Zukunftsfinanzierungsgesetz enthalten. Sie wurde aber vom Finanzausschuss unter Hinweis auf die Steuerausfälle durch die Neuregelung gestrichen. 
 
Die aktuelle Begründung des Referentenentwurfs kommt grundsätzlich derjenigen des damaligen Regierungsentwurfs gleich. Zweck der Gesetzesänderung ist eine Angleichung an die Rechtslage in anderen EU-Mitgliedstaaten, welche derartige Verwaltungsleistungen bereits jetzt als steuerfrei ansehen. Damit soll der bisher bestehende Wettbewerbsnachteil für deutsche Kreditgeber entfallen. Ergänzt wurde die Begründung des Regierungsentwurfs im neuen Anlauf lediglich um den Hinweis, wonach auch der MwSt-Ausschuss auf Unionsebene fast einstimmig die Ansicht vertritt, dass die Verwaltung der Kredite eine einheitliche, insgesamt steuerfreie Leistung darstellt. 
 
Inhaltlich geht es um die Fallgestaltung, dass mehrere Kreditgeber (Konsorten) zumeist großen Unternehmen / Konzernen Kredite und Kreditsicherheiten aufeinander abgestimmt einräumen, um die Risiken auf die Beteiligten aufzuteilen. Insoweit ist denkbar, dass nur einer der Kreditgeber als solcher nach außen gegenüber dem Kreditnehmer auftritt und seinerseits mit anderen Kreditgebern Verträge über die anteilige Zurverfügungstellung der Kreditmittel schließt. Alternativ schließt der Darlehensnehmer mit allen Kreditgebern entsprechende Kreditverträge. In beiden Fallgestaltungen gibt es aber einen Konsortialführer, der die Kreditvergabe koordiniert sowie die Abstimmung zwischen den Konsorten organisiert (und ggf. weitere Aufgaben übernimmt). Dieser sog. Konsortialführer erhält für seine Verwaltungstätigkeit ein gesondertes Entgelt. 
 
Unstrittig ist diese Leistung des Konsortialführers nach deutschem Recht nicht vollständig steuerfrei (wobei das „Ob“ und der Umfang einer teilweisen Steuerbefreiung strittig sind). Anders sieht dies allerdings Art. 132 Abs. 1 Buchst. b, c MwStSystRL. Danach ist auch die Verwaltung von Krediten und von Kreditsicherheiten durch Kreditgeber steuerfrei. Die im Referentenentwurf vorgesehene Erweiterung des § 4 Nr. 8 Buchst. a und g UStG würde diese Regelung nunmehr unionsrechtskonform ins nationale Recht umsetzen. Die geplante Neuregelung ist schon vor diesem Hintergrund zu begrüßen. Hinzu kommt, dass die Benachteiligung von Kreditvergaben in Deutschland im Vergleich mit der Konkurrenz in anderen Mitgliedstaaten damit beendet würde. Gleichzeitig bleibt dem Konsortialführer die Möglichkeit, hinsichtlich der Verwaltung der Kredite zur Umsatzsteuer zu optieren. Weiterhin steuerpflichtig wären hingegen Verwaltungsleistungen durch Leistende, die nicht Kreditgeber sind. Vorteile kann die Neuregelung auch in Holding-Strukturen bringen. Wenn insoweit eine Konzernfinanzierungsgesellschaft neben Kreditzinsen aus dem Cash-Pool extra Entgelte für die Verwaltung und Koordinierung von Krediten erhält, kann dies auch unter die Neuregelung fallen.
 
2 L+F-Beihilfeleistungen
Eine weitere Änderung bei den Steuerbefreiungen laut Referentenentwurf betrifft die land- und forstwirtschaftlichen Betriebshilfeleistungen. Ein Betriebshelfer kommt in einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb zum Einsatz, wenn dem Betriebsinhaber oder dessen Familienmitgliedern z. B. aufgrund von Krankheit die Weiterführung des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs nicht möglich ist. Der Sozialversicherungsträger (die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau) stellt in diesem Fall entweder selbst oder über z. B. einen Maschinenring oder Betriebshilfsdienst (sog. Trägerorganisation) einen Betriebshelfer oder übernimmt zumindest die Kosten hierfür. Dies gilt aber nur (und das soll bei der angedachten Änderung auch so bleiben), wenn im Betrieb höchstens drei Vollarbeitskräfte tätig sind.
 
Nach der bisherigen Fassung von § 4 Nr. 27 Buchst. b UStG sind lediglich die Leistungen von juristischen Personen des öffentlichen oder privaten Rechts an die notleidenden Betriebe sowie die Gestellung an den gesetzlichen Träger der Sozialversicherung steuerfrei. Nicht erfasst vom Wortlaut werden hingegen die Leistungen einzelner Betriebshelfer / Ersatzkräfte als Einzelunternehmer an den notleidenden Betrieb (auch im Fall der Kostenübernahme durch den Sozialversicherungsträger) oder an die sog. Trägerorganisation.
 

Bereits 2017 hatte der BFH entschieden, dass auch die nicht vom aktuellen Wortlaut der Norm erfassten Leistungen der Betriebshelfer an den notleidenden Betrieb nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL steuerfrei sind. Trotzdem hat die Finanzverwaltung das entsprechende Urteil noch nicht in das Bundessteuerblatt aufgenommen. Auch insofern würde durch die Umsetzung der Änderung ein unionsrechtswidriger Zustand im nationalen Recht beseitigt werden. Bisher nicht gerichtlich entschieden ist die Steuerfreiheit der Leistung des Betriebshelfers an die Trägerorganisation. Derartige Leistungen sollten ebenfalls unter die neue Norm fallen, da sie nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL ebenfalls steuerfrei sein müssen.

Ansprechpartner:

Dr. Michael Rust
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht
Tel.: +49 89 217501274
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Stand: 15.04.2024