Umsatzsteuer Newsletter 15/2015
Vorsteuervergütungsverfahren bei im Drittland ansässigen Unternehmern
Vorsteuervergütungsanträge von Unternehmen, die in Drittländern ansässig sind, müssen binnen sechs Monaten nach Ablauf des jeweiligen Kalenderjahres gestellt werden. Für das Jahr 2014 sind die Anträge bis spätestens 30.06.2015 einzureichen. Antragsteller müssen exakt auf die Vollständigkeit der Anträge achten. In den vergangenen Monaten sind hierzu eine Reihe bedeutender Urteile ergangen.

1. Problemstellung

Häufig sind ausländische Unternehmen mit deutscher Umsatzsteuer belastet, obwohl sie in Deutschland nicht registriert sind und daher auch nicht im Wege der Voranmeldung die deutsche Umsatzsteuer als Vorsteuer abziehen können. Für diese Fälle sieht das Umsatzsteuerrecht das Vorsteuervergütungsverfahren vor. Vorsteuervergütungsanträge von in Drittländern ansässigen Unternehmen sind gem. § 61a Abs. 2 UStDV binnen sechs Monaten nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Vergütungsanspruch entstanden ist, zu stellen. Die Vorsteuerbeträge müssen durch Vorlage der Rechnungen im Original nachgewiesen werden. Sollten die Originalrechnungen nicht innerhalb der Antragsfrist vorliegen, wird die Vergütung regelmäßig abgelehnt.

2.  Ausschlussfrist und Vorlagepflicht für die Originalrechnungen

Der BFH bestätigte in seinem Urteil vom 19.11.2014 – V R 39/13 recht klar, dass die Vorsteuervergütung von im Ausland ansässigen Unternehmern gem. § 18 Abs. 9 UStG binnen sechs Monaten nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Vergütungsanspruch entstanden ist, beantragt werden muss. Der Unternehmer hat die Vorsteuerbeträge durch Vorlage der Rechnungen im Original nachzuweisen. Bei der Antragsfrist des § 18 Abs. 9 UStG handelt es sich um eine Ausschlussfrist. Sie wird nur durch einen vollständigen, dem amtlichen Muster in allen Einzelheiten entsprechenden Antrag gewahrt. Hierzu sind bereits mit dem Vergütungsantrag alle Rechnungen und Einfuhrbelege im Original beizufügen. Kopien reichen grundsätzlich nicht aus. Nur in Ausnahmefällen kann nach Ansicht des BFH das Verlangen nach Vorlage der Originalrechnung zusammen mit dem Vergütungsantrag unverhältnismäßig sein. Ein solcher Ausnahmefall kommt in Betracht, wenn das Unvermögen des Antragstellers zur fristgerechten Vorlage der Originalrechnung nicht durch diesen zu vertreten ist. Bei der Versäumung von Fristen ist nach § 110 Abs. 1 AO demjenigen, der ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, unter bestimmten weiteren Voraussetzungen auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

3.  Unternehmerbescheinigung

Die strengen Anforderungen an die dem Vergütungsantrag beizufügende Unternehmerbescheinigung im Original stellten sich in der Vergangenheit immer wieder als Problem dar. Nach § 61a Abs. 4 UStDV muss der Antragsteller durch behördliche Bescheinigung des Staates, in dem er ansässig ist, nachweisen, dass er als Unternehmer unter einer Steuernummer eingetragen ist, sprich umsatzsteuerlicher Unternehmer ist. Insbesondere in Ländern ohne vergleichbares Umsatzsteuersystem, wie den USA oder Hongkong, führt dies regelmäßig zu Schwierigkeiten.

Das FG Köln äußerte sich in seinem Beschluss vom 11.02.2015 – 2 V 3334/14 zu den Anforderungen an eine gültige Unternehmerbescheinigung. Die für die Erstattung der Mehrwertsteuer vorzulegende Unternehmerbescheini-gung eines nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmers muss zum einen den Vergütungszeitraum abdecken und zum anderen die Aussage enthalten, dass der Antragsteller Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuerrechts ist.

Die von der Antragstellerin vorgelegte US-Bescheinigung (Form 6166 des IRS) enthielt nicht die ausdrückliche Aussage, dass die Antragstellerin „Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuerrechts“ ist. Da das US-amerikanische Steuerrecht aber keine der europäischen Umsatzsteuer entsprechende Steuer kennt, kann die US-amerikanische Steuerbehörde auch gar nicht bescheinigen, dass die Antragstellerin Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuerrechts ist. Die Bescheinigung beinhaltet allerdings den Nachweis, dass die Antragstellerin eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt, der insoweit für die in den USA ansässige Antragstellerin ausreicht. Für Antragsteller aus Ländern ohne vergleichbares Umsatzsteuersystem sollte dieser Beschluss entsprechende Erleichterungen bringen. Es ist zwar für US-Unternehmer nach wie vor noch zu empfehlen, die beiden von der UStDV gestellten Anforderungen mit dem Aufdruck „VAT only – not applicable to income taxes“ sowie „Tax Year“ zu erfüllen. Sofern allerdings zumindest die wirtschaftliche Tätigkeit und das Jahr genannt sind, kann das dem Beschluss des FG Köln zufolge ausreichend sein.

4.   Steuerentstehung bei unrichtigem Steuerausweis

Ein aktuelles BMF-Schreiben vom 02.04.2015, IV D 2 – S 7270/12/10001 befasst sich mit der Problematik der Entstehung der Steuer bei Ausstellung einer Rechnung mit unrichtigem Steuerausweis. Grundsätzlich wird die Umsatzsteuer in dem Zeitpunkt fällig, in dem die Steuer für die Lieferung oder sonstige Leistung entsteht, spätestens im Zeitpunkt der Ausgabe der Rechnung. Nach Abschn. 13.7 UStAE entsteht die Umsatzsteuer auch dann im Zeitpunkt der Leistung, wenn die Rechnung in einem späteren Zeitraum als dem Voranmeldungszeitraum der Leistungserbringung erteilt wird. Im Urteil vom 19.11.2014 – V R 41/13 entschied der BFH, dass, sofern nicht klar ist, ob ein im Inland tätiger Unternehmer seinen Sitz im In- oder Ausland hat, er Vorsteuerbeträge im allgemeinen Besteuerungsverfahren geltend machen kann, wenn er trotz möglicher Umkehr der Steuerschuldnerschaft nach § 13b UStG Rechnungen mit Umsatzsteuerausweis erstellt hat und er deshalb verpflichtet ist, die nach § 14c Abs. 1 UStG geschuldete Umsatzsteuer im allgemeinen Besteuerungsverfahren zu erklären. Damit konnte ein im Ausland ansässiger Unternehmer durch Ausstellen einer Rechnung im Sinne § 14c UStG rückwirkend in das Veranlagungsverfahren gelangen.

Das BMF macht nun deutlich, dass dieses Verfahren „nicht praktikabel erscheint“, und stellt eine entsprechende Änderung des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses in Aussicht. Das BMF will damit wohl Gestaltungen entgegenwirken, bei denen Unternehmer durch Ausstellen einer Rechnung im Sinne § 14c UStG rückwirkend Zugang zum Veranlagungsverfahren bekommen, für das keine Ausschlussfrist und geringere formelle Anforderungen gelten.

5.   Angaben im Feld 9a

In Feld 9a des Vorsteuervergütungsantrags hat der Antragsteller zu erklären, dass alle im Vergütungsantrag aufgeführten Gegenstände und sonstigen Leistungen für Zwecke des Unternehmens verwendet worden sind. Das FG Köln hatte mit Urteil vom 21.03.2013 – 2 K 586/10 bestätigt, dass ein wirksamer Vergütungsantrag vollständig sein muss und auch die nach Abschn. 9 Buchst. a des Antragsvordrucks vorgesehene Erklärung enthalten muss, dass die aufgeführten Gegenstände und sonstigen Leistungen für Zwecke des Unternehmens verwendet worden sind.

In der Vergangenheit hatte das FG Köln schon mehrfach entschieden (vgl. Urteil vom 09.04.2014 – 2 K 2550/10; Urteil vom 09.04.2014 – 2 K 1049/11; Urteil vom 06.05.2014 – 2 K 2601/11), dass diese Angaben zu den Pflichtbestandteilen eines wirksamen Vergütungsantrags gehören und das Fehlen dieser Angaben zur Unwirksamkeit und damit zur Ablehnung des Antrags führt.
Aktuell ist zum Verfahren 2 K 586/10 Revision beim BFH anhängig. Der BFH hat hierin insbesondere zu klären, ob ein Antrag auf Vorsteuervergütung, der innerhalb der gesetzlichen Ausschlussfrist nicht nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck gestellt worden ist bzw. in dem nicht alle vorgesehenen entscheidungserheblichen Angaben und Erklärungen abgegeben worden sind, unwirksam ist. Außerdem steht die Frage zur Klärung an, ob nach Ablauf der Vergütungsfrist die zur Entscheidung über den Vergütungsantrag erhebliche Erklärung über die Verwendung aufgeführter Leistungen für Zwecke des Unternehmens gemäß Abschn. 9 Buchst. 3 des amtlichen Vordrucks nachgetragen werden kann.

6.   Hinweise für die Praxis

Das Vorsteuervergütungsverfahren bleibt auch weiterhin geprägt durch die strengen formalen Anforderungen. Zwar sind durch die aktuellen Entwicklungen Erleichterungen für die Antragsteller zu erwarten. Um jegliche Risiken bei der Einreichung von Vergütungsanträgen zu vermeiden, sollte unbedingt darauf geachtet werden, dass sämtliche Angaben vollständig und korrekt sind, da nach Ablauf der Ausschlussfrist formale Mängel nicht mehr geheilt werden können. Die Rechtsprechung der Vergangenheit zeigt, dass Vergütungsanträge regelmäßig dann als unwirksam erachtet werden, wenn Angaben unvollständig oder ungenau sind und Belege nicht fristgerecht eingereicht wurden. Es sollte daher im Vorfeld rechtzeitig sichergestellt werden, dass der Antrag alle formellen Anforderungen erfüllt.

Ansprechpartner:

Ronny Langer
Dipl.-FW (FH), Steuerberater
Tel.: 089 / 217 50 12 - 50
ronny.langer@kmlz.de

Stand: 29.05.2015