Umsatzsteuer Newsletter 22/2015
Umsatzsteuerliche Konsequenzen der lohnsteuerlichen Änderungen für Betriebsveranstaltungen und Aufmerksamkeiten
Vor einigen Monaten gab es für Betriebsveranstaltungen und Aufmerksamkeiten lohnsteuerliche Änderungen, die auch Auswirkung auf die Umsatzsteuer haben. Hierzu hat das BMF Stellung genommen. Dass die lohnsteuerlichen Regelungen nicht in vollem Umfang für die Umsatzsteuer übernommen werden können, überrascht wenig. Die lohnsteuerlichen Grundsätze mögen aus Vereinfachungsgründen oft analog für die umsatzsteuerliche Behandlung gelten. Es sind aber auch wesentliche Unterschiede zwischen den beiden Steuerarten zu beachten. Es gibt insbesondere dann keinen Gleichlauf mehr, wenn die Kosten einer Betriebsveranstaltung den Wert von 110 € je Teilnehmer übersteigen.

1. Betriebsveranstaltungen
Mit Wirkung zum 01.01.2015 wurde § 19 Abs. 1 Nr. 1a EStG eingeführt. Dieser Absatz enthält nun die Regelungen zu Betriebsveranstaltungen, die bisher in den Lohnsteuer-Richtlinien zu finden waren. Eine der wichtigsten Änderungen war die lohnsteuerliche Umstellung der Freigrenze von 110 € zu einem Freibetrag. Im BMF-Schreiben vom 14.10.2015 werden hierzu Details erläutert und Zweifelsfragen geklärt. Das Schreiben enthält erfreulicherweise sowohl lohnsteuerliche als auch umsatzsteuerliche Aussagen.

1.1. Freigrenze statt Freibetrag
Laut BMF-Schreiben haben die lohnsteuerlichen Änderungen keine Auswirkungen auf die Umsatzsteuer. Es sollen zwar weiterhin die lohnsteuerlichen Grundsätze für die umsatzsteuerliche Behandlung gelten. Das BMF hält aber für die Umsatzsteuer an der Freigrenze fest. Eine Betriebsveranstaltung soll wie bisher als unüblich und überwiegend durch den privaten Bedarf des Arbeitnehmers veranlasst gelten, wenn die Kosten je Arbeitnehmer und Betriebsveranstaltung 110 € inkl. Umsatzsteuer übersteigen (bis max. 2 Veranstaltungen pro Jahr). Aus diesem Grund bleiben die Sätze 1 bis 3 in Abschn. 1.8 Abs. 4 Satz 3 Nr. 6 UStAE unverändert. Etwas anderes ist angesichts der EuGH-Rechtsprechung (BLP, Midland Bank, Fillibeck, Danfoss und Astra Zeneca) und der darauf basierenden Entscheidung des BFH vom 09.12.2010 (V R 17/10) für den Fall eines Betriebsausflugs auch nicht möglich. Demnach kann eine Betriebsveranstaltung nur ganz oder gar nicht unternehmerisch veranlasst sein. Lediglich mittelbar verfolgte Zwecke, wie z. B. die Verbesserung des Betriebsklimas, sollen einen Vorsteuerabzug nicht rechtfertigen.

1.2. Nichtaufgriffsgrenze
Hierbei gilt zu berücksichtigen, dass dieser Betrag ursprünglich als Nichtaufgriffsgrenze zur Wahrung einer einheitlichen Rechtsanwendung von der Finanzverwaltung eingeführt wurde. Deshalb ist in Abschn. 1.8 Abs. 4 Satz 3 Nr. 6 UStAE formuliert, dass die Üblichkeit der Zuwendungen nicht zu prüfen ist, wenn der Betrag von 110 € nicht überschritten wird. In Abschn. 15.15 Abs. 2 Beispiel 3 UStAE wird konsequenterweise nun auch in der Lösung unter Buchstabe b ergänzt, dass bei Überschreiten des Betrags „grundsätzlich“ keine überwiegend unternehmerische Veranlassung vorliegt.
Es bleibt jedoch den Unternehmen unbenommen, die Üblichkeit der Zuwendungen zu vertreten, auch wenn die Kosten den Betrag von 110 € überschreiten. Dazu wird allerdings hinreichend schlüssig begründet werden müssen, warum ein überwiegend unternehmerisches Interesse vorliegt. Bei Unternehmen, die verschiedene Standorte haben und alle Mitarbeiter standortübergreifend einladen, dürfte dies z. B. möglich sein. In der Regel wird für solche Betriebe im Vordergrund das Ziel stehen, durch die Veranstaltung den Kontakt und die Zusammenarbeit der Mitarbeiter untereinander zu fördern. Die allgemeine Verbesserung des Betriebsklimas wurde vom BFH bereits als nicht ausreichend angesehen.

1.3. Berechnung
Die Vorgaben im BMF-Schreiben, wie der lohnsteuerliche Freibetrag zu berechnen ist, sind fragwürdig. Laut BMF ist der Freibetrag zu ermitteln, indem die Zuwendungen zu gleichen Teilen auf die anwesenden Teilnehmer aufgeteilt werden. Diese Anleitung berücksichtigt allerdings nicht, dass der Unternehmer die Kosten der Veranstaltung auf Basis der potenziellen Teilnehmerzahl kalkuliert. Er wird die Veranstaltung so planen und organisieren, dass alle Beschäftigten, ggf. zusammen mit Begleitpersonen, teilnehmen können. Der Umstand, dass letztlich weniger Personen teilnehmen, führt nicht automatisch zu einer größeren Bereicherung der Teilnehmer. Dies gilt insbesondere für von der tatsächlichen Teilnehmerzahl unabhängige Kosten, also z. B. Kosten für Raummiete oder musikalische Unterhaltung.

Auf die geplante Teilnehmerzahl abzustellen, kommt auch der umsatzsteuerlichen Systematik entgegen. Ein Vorsteuerabzug aus den Eingangsleistungen ist nur dann möglich, wenn diese für unternehmerische Zwecke verwendet werden sollen und nicht für unentgeltliche Wertabgaben an die Arbeitnehmer. Die Entscheidung darüber muss bei Bezug der Leistung getroffen werden. Für die Frage, ob eine Leistung für das Unternehmen vorliegt, sind grundsätzlich die Verhältnisse im Zeitpunkt des Umsatzes an den Unternehmer maßgebend. Theoretisch müsste nach Auffassung des BMF später eine unentgeltliche Wertabgabe besteuert werden, wenn die Kosten pro Teilnehmer tatsächlich höher ausfallen als geplant und die Freigrenze übersteigen. Mit der o. g. Argumentation wird man davon absehen können. Man sollte das Finanzamt aber darauf hinweisen.

2. Aufmerksamkeiten
Aufmerksamkeiten gelten nicht als steuerbare Leistungen, auch wenn sie dem Grunde nach unentgeltliche Wertabgaben an Arbeitnehmer darstellen. Hierunter fallen Zuwendungen des Arbeitgebers, sofern sie nach Art und Wert Geschenken entsprechen, die im gesellschaftlichen Verkehr üblicherweise ausgetauscht werden und zu keiner ins Gewicht fallenden Bereicherung des Arbeitnehmers führen. Bisher galt hierfür eine Wertgrenze von 40 € je Zuwendung. Durch die LStÄR 2015 vom 22.10.2014 wurde die sog. Aufmerksamkeitsgrenze für die Lohnsteuer auf 60 € erhöht. Diese Änderung wird nun auch für die Umsatzsteuer übernommen und Abschnitt 1.8 Abs. 3 Satz 2 UStAE entsprechend angepasst.

Ansprechpartner:

Ronny Langer
Dipl.-FW (FH), Steuerberater
Tel.: 089 / 217 50 12 - 50
ronny.langer@kmlz.de

Stand: 20.10.2015