Umsatzsteuer Newsletter 26/2015
BMF verschärft Steuerschuld nach § 14c Abs. 1 UStG
Weist ein Unternehmer in einer Rechnung zu viel Umsatzsteuer aus, schuldet er diesen überhöhten Betrag nach § 14c Abs. 1 S. 1 UStG. Will der Unternehmer diese Steuerschuld beseitigen, muss er gem. § 14c Abs. 1 S. 2 UStG den Steuerbetrag in der Rechnung berichtigen. Das BMF hat die Berichtigungsmöglichkeit nun jedoch verschärft: Es fordert zusätzlich, dass der Leistende den vereinnahmten Mehrbetrag an den Leistungsempfänger zurückgezahlt hat.

1. Problemstellung
Weist ein Unternehmer in einer Rechnung einen überhöhten Umsatzsteuerbetrag aus, schuldet er den ausgewiesenen Mehrbetrag nach § 14c Abs. 1 S. 1 UStG. Gem. § 14c Abs. 1 S. 2 UStG kann der Unternehmer den zu hohen Steuerbetrag berichtigen. Dies setzt nach dem Gesetzeswortlaut eine Berichtigung des Steuerbetrags voraus. Bisher ließ es die Finanzverwaltung hierfür genügen, dass der Unternehmer die Rechnung mit dem überhöhten Steuerausweis berichtigte (Abschn. 14c.1 Abs. 7 UStAE). Das BMF verlangte für die Berichtigung bislang nicht, dass der Leistende den überhöhten Steuerbetrag an den Leistungsempfänger zurückgezahlt hat.

2. Aussagen des BMF
Das BMF fordert in seinem Schreiben vom 07.10.2015 (GZ: III C 2 – S 7282/13/10001) nun jedoch vom Leistenden, dass er den zu viel vereinnahmten Umsatzsteuerbetrag an den Leistungsempfänger zurückzahlt. Damit macht das BMF die Berichtigung von einer zweiten Voraussetzung  abhängig. Das BMF leitet dieses Kriterium aus der Rechtsprechung des BFH zu § 17 Abs. 1 S. 1 UStG ab (BFH, Urt. v. 18.09.2008 – V R 56/06). So wie eine Änderung der Bemessungsgrundlage nach § 17 Abs. 1 S. 1 UStG nur dann vorliegt, wenn es tatsächlich zur Rückzahlung des Betrages gekommen ist, ist auch im Fall des § 14c Abs. 1 S. 2 UStG eine Berichtigung nur bei Rückzahlung des überhöhten Steuerbetrages möglich.

Dieses neue Kriterium hat auch Auswirkung auf den Zeitpunkt, zu dem die Berichtigung nach § 14c Abs. 1 S. 2 UStG wirkt. Dies ist der Besteuerungszeitraum, in dem beide Voraussetzungen erfüllt sind: Berichtigung der Rechnung einerseits und Rückzahlung des überhöhten Steuerbetrags andererseits.

Hinsichtlich der Rückzahlungspflicht sind folgende Gesichtspunkte beachtenswert:

• Leistender muss überhöhten Steuerbetrag bereits vereinnahmt haben
Dieses zusätzliche Kriterium soll nur in Fällen gelten, in denen der Leistende den zu hoch ausgewiesenen Steuerbetrag bereits vereinnahmt hat. Hat der Leistungsempfänger lediglich das Entgelt und den gesetzlich geschuldeten Steuerbetrag an den Leistenden entrichtet, kann es auf eine Rückzahlung des überhöht ausgewiesenen Steuerbetrags nicht ankommen.

• Rückzahlung nur bei Reduzierung des Rechnungsgesamtbetrages erforderlich
Zudem kommt das Rückzahlungskriterium nur dann zur Anwendung, wenn sich aufgrund der Rechnungsberichtigung der Rechnungsgesamtbetrag reduziert. Verändert sich der Rechnungsgesamtbetrag hingegen nicht (z. B. steuerfreie Leistung, die der Leistende mit EUR 1.000 zzgl. EUR 190 in Rechnung stellt; die berichtigte Rechnung weist dann ein steuerfreies Entgelt von EUR 1.190 aus), kann es auf eine Rückzahlung nicht ankommen. Dies trifft in Fällen der sog. Bruttovereinbarung zu, in denen Leistender und Leistungsempfänger einen Gesamtbetrag inkl. Umsatzsteuer vereinbart haben. In solchen Fällen muss der Leistungsempfänger unabhängig von der konkreten umsatzsteuerrechtlichen Behandlung stets denselben Betrag aufwenden.

• § 14c Abs. 2 UStG erfordert keine Rückzahlung
In Fällen des § 14c Abs. 2 UStG, also beim sog. unberechtigten Steuerausweis (z. B. ein Nichtunternehmer weist Umsatzsteuer aus oder es wurde keine Leistung erbracht), bleibt es nach Aussage des BMF bei der bisherigen Rechtslage. Eine Rückzahlung durch den Rechnungsaussteller an den Rechnungsempfänger ist hier nicht vorausgesetzt. Anstelle der Rückzahlung sei hier erforderlich, dass der Rechnungsempfänger keinen Vorsteuerabzug vorgenommen oder diesen wieder berichtigt hat.

3. Anwendungszeitpunkt
Das BMF will diese neuen Grundsätze in allen offenen Fällen anwenden. Eine Nichtbeanstandungsregelung enthält das BMF-Schreiben nicht.

4. Fazit
Das BMF erschwert mit seinem Schreiben die Berichtigung nach § 14c Abs. 1 S. 2 UStG. Hat der Unternehmer den überhöht ausgewiesenen Steuerbetrag bereits an sein Finanzamt abgeführt, bekommt er diesen Betrag nur erstattet, wenn er ihn zuvor an den Leistungsempfänger zurückgezahlt hat. Der Leistende ist damit zur Vorfinanzierung des Betrages verpflichtet.

Damit wird der Leistende im Hinblick auf die Berichtigung in Fällen des § 14c Abs. 1 UStG schlechter gestellt, als der Rechnungsaussteller in Fällen des § 14c Abs. 2 UStG, obwohl das Gesetz in § 14c Abs. 2 UStG die strengeren Berichtigungsvoraussetzungen geregelt hat. Bei § 14c Abs. 2 S. 2 UStG kommt es darauf an, dass der Rechnungsempfänger keinen Vorsteuerabzug vorgenommen oder diesen wieder rückgängig gemacht hat. Zudem muss das Finanzamt seine Zustimmung zur Berichtigung erteilen.

Die Gerichte werden zu klären haben, ob das zusätzliche Erfordernis, das das BMF nunmehr aufstellt, mit dem Gesetzesrecht vereinbar ist. Möglicherweise wird die Entscheidung des BFH im anhängigen Revisionsverfahren XI R 43/14 bereits Klarheit schaffen. Insbesondere Unternehmer, die die Rückzahlung an den Leistungsempfänger nicht leisten können, sollten ein Rechtsbehelfsverfahren und den Gang zum Finanzgericht erwägen.

Ansprechpartner:

Thomas Streit, LL.M. Eur.
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht
Telefon: +49 (0) 89 / 2 17 50 12 - 75
thomas.streit@kmlz.de

Stand: 11.11.2015