Umsatzsteuer Newsletter 15/2016
Tax Compliance = Internes Kontrollsystem Steuern (IKS Steuern)
Wird Berichtigungsbedarf in der Praxis erkannt, so ist die Verunsicherung groß: Soll eine wirksame Selbstanzeige nach § 371 AO abgegeben werden, oder reicht eine einfache Berichtigung nach § 153 AO? Hier waren etliche Fragen offen und die Irritationen in der Praxis beträchtlich. Das BMF hat nun vieles im Anwendungserlass zur AO klargestellt. Die Botschaft des BMF: Wer ein innerbetriebliches Kontrollsystem in seinem Unternehmen eingerichtet hat, ist zukünftig besser gestellt. Ein solches System wird als Indiz gegen das Vorliegen eines Vorsatzes gewertet. Berichtigungen können dann nach § 153 AO erfolgen.

1. Hintergrund
Wer hat es noch nicht erlebt? Es ist ein Fehler passiert. Die Umsatzsteuer-Voranmeldung wurde irrtümlich falsch abgegeben.
Es stellt sich die Frage: Wie ist der Fehler zu beheben? Die Abgabenordnung sieht für solche Fälle die Anzeige- und Berichtigungspflicht nach § 153 AO vor. Die Berichtigung ist eigentlich sehr einfach: In der Umsatzsteuer wird die unrichtige Voranmeldung oder Jahreserklärung gegenüber dem Finanzamt korrigiert. Das Problem ist aber, dass das Steuerstrafrecht in den letzten Jahren dramatisch verschärft wurde. Der gesetzliche Vertreter muss sich daher immer überlegen: Was ist, wenn die Finanzbehörde wider Erwarten doch Vorsatz oder Leichtfertigkeit annimmt? Dann verhilft nur eine wirksame Selbstanzeige zur Straffreiheit. Die Hürden für die Selbstanzeige sind aber insbesondere in der Umsatzsteuer, in der Massengeschäftsvorfälle abgewickelt werden, ungleich höher. Denn wirksame Selbstanzeigen setzen u.a. voraus:

- Nacherklärung der letzten 10 Jahre,
- Entrichtung eines zusätzlichen Nachzahlungsbetrages und
- Gebot der Vollständigkeit.

Als charmanterer Weg empfiehlt sich deshalb die einfache Berichtigung nach § 153 AO:
- Keine Auseinandersetzung mit Buß- und Strafsachenbehörden
- Korrektur nur für nicht festsetzungsverjährte Jahre
- Keine Gefahr, dass wegen weiterer nicht erkannter Fehler die Berichtigung keine Wirkung hat.

2. Botschaften des BMF
Das BMF bemüht sich, den Anwendungsbereich der einfachen Berichtigungserklärung auszudehnen. Offenbar hat das BMF selbst erkannt, dass es besser ist, wenn Unternehmen freiwillig nacherklären, statt die Nacherklärung wegen der großen Hürden der Selbstanzeige zu unterlassen. So stellt das BMF klar, dass nicht jede objektive Unrichtigkeit den Verdacht einer Steuerstraftat nahelegt. Vielmehr bedarf es einer sorgfältigen Prüfung durch die Finanzbehörde, ob überhaupt der Anfangsverdacht einer vorsätzlichen Steuerverkürzung gegeben ist. Wichtig für die Umsatzsteuer: Weder die Höhe der Nacherklärung noch die Anzahl der Berichtigungen führen automatisch zum Anfangsverdacht.

Andererseits: Zur Berichtigung der Steuererklärung ist der gesetzliche Vertreter im Sinne von § 34 AO verpflichtet, also der Geschäftsführer einer GmbH oder der Vorstand einer AG oder aber auch der Präsident einer Behörde. Er kann sich nur bei wirksamer Delegation exkulpieren. Letzteres erfordert die Vorgabe von Regeln und die wirksame Überwachung.

Wesentlich ist auch, dass die Berichtigungsanzeige „unverzüglich“ erfolgt. Leider definiert das BMF diesen Begriff nicht. Das Fachschrifttum geht von zwei Wochen aus. Nach BMF muss zunächst eine Anzeige erfolgen, die genaue Aufarbeitung und Berichtigung können dann zu einem späteren Zeitpunkt stattfinden.

Die entscheidende Botschaft des BMF lautet aber:

„Hat der Steuerpflichtige ein innerbetriebliches Kontrollsystem eingerichtet, das der Erfüllung der steuerlichen Pflichten dient, kann dies ggf. ein Indiz darstellen, das gegen das Vorliegen eines Vorsatzes oder der Leichtfertigkeit sprechen kann, jedoch befreit dies nicht von einer Prüfung des jeweiligen Einzelfalls.“

Das bedeutet: Besser gestellt ist derjenige, der ein solches innerbetriebliches Kontrollsystem (kurz: IKS Steuern) gegenüber der Finanzbehörde bei Nachfrage vorzeigen kann. Unternehmen sollten daher schnellstmöglich ein solches IKS Steuern einrichten und es auch mit Leben erfüllen.

3. Anforderungen an ein IKS Steuern
Es gibt keine gesetzliche Definition eines solchen Systems. Entgegen manchen Verkaufsbemühungen am Markt bedarf ein IKS keiner speziellen Softwarelösung. Vielmehr besteht ein IKS Steuern, in Anlehnung an den Prüfungsstandard 261 des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW PS 261), aus einem internen Steuerungssystem und einem internen Überwachungssystem. Das interne Steuerungssystem beinhaltet in der Umsatzsteuer sämtliche systematisch gestalteten technischen und organisatorischen Maßnahmen und Kontrollen im Unternehmen zur Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben des Umsatzsteuerrechts. Damit wird sofort klar, dass es nicht ein Muster-IKS Steuern geben kann. Vielmehr hat jedes Unternehmen sein individuelles, eigenes IKS. Dieses gilt es zu entwickeln. Neben Verfahrensanweisungen gehören dazu – insbesondere in der Umsatzsteuer – auch die notwendigen und angemessenen Ausgestaltungen in der IT.

Zweite Komponente eines IKS Steuern ist die Überwachung. Denn ohne Überwachung (= Kontrollmaßnahmen) ist das IKS nicht funktionsfähig. Unternehmer tun gut daran, diese Überwachung auch zu dokumentieren (Vier-Augen-Prinzip, Umsatzsteuer- und Vorsteuerverprobungen, Steuer-Check intern und extern).

Ein IKS Steuern ist keine Hexerei. Es gelten die beiden Grundsätze: „Der Weg ist das Ziel“ und „Weniger ist mehr“. Ein IKS Steuern entwickelt sich ständig weiter. Fangen Sie einfach an, die ersten Regeln zu dokumentieren.

Ansprechpartner:

Prof. Dr. Thomas Küffner
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer
Tel.: 089 / 217 50 12 - 30
thomas.kueffner@kmlz.de

Stand: 02.06.2016