Umsatzsteuer Newsletter 17/2016
Umsatzbesteuerung von Gutscheinen wird harmonisiert
Seit vielen Jahren diskutiert, wurde am 01.07.2016 die Richtlinie (EU) 2016/1065 zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Gutscheinen veröffentlicht. Es werden dadurch neue Begrifflichkeiten eingeführt, wie „Einzweck-Gutschein“ und „Mehrzweck-Gutschein“. Des Weiteren wird geregelt, unter welchen Voraussetzungen bereits die Ausgabe und Übertragung von Gutscheinen Umsatzsteuer auslöst. Für die Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht haben die Mitgliedstaaten Zeit bis zum 31.12.2018.

1. Hintergrund
Für Telekommunikations- und Rundfunkdienstleistungen sowie für elektronische Leistungen gelten seit 01.01.2015 neue Vorschriften über den Ort der Leistung. Bei dem Großteil der ausgegebenen und übertragenen Gutscheine handelt es sich um Prepaid-Telefonkarten. Die umsatzsteuerliche Behandlung von Gutscheinen ist in der MwStSystRL jedoch unzureichend geregelt und nicht hinlänglich harmonisiert. Dadurch kann es in Bezug auf die Lieferung von Gutscheinen zu Diskrepanzen zwischen den Mitgliedstaaten kommen sowie zu Wettbewerbsverzerrungen, Doppelbesteuerung oder Nichtbesteuerung. Vor diesem Hintergrund war es unabdingbar, spezielle Vorschriften zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Gutscheinen zu erlassen.

2. Inhalt der Richtlinie (EU) 2016/1065
Die Richtlinie (EU) 2016/1065 enthält Definitionen der Begriffe „Gutschein“, „Einzweck-Gutschein“ und „Mehrzweck-Gutschein“ sowie weitere spezielle Vorschriften zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Gutscheinen.

2.1 Definitionen
In der Richtlinie wird der Begriff des Gutscheins erstmals auf gemeinschaftsrechtlicher Ebene definiert:
„Ein „Gutschein“ ist ein Instrument, bei dem die Verpflichtung besteht, es als Gegenleistung oder Teil einer solchen für eine Lieferung von Gegenständen oder eine Erbringung von Dienstleistungen anzunehmen, und bei dem die zu liefernden Gegenstände oder zu erbringenden Dienstleistungen oder die Identität der möglichen Lieferer oder Dienstleistungserbringer entweder auf dem Instrument selbst oder in damit zusammenhängenden Unterlagen, einschließlich der Bedingungen für die Nutzung dieses Instruments, angegeben sind.“ 

Von dieser Definition und damit von der Richtlinie nicht umfasst sind Gutscheine, die dem Inhaber lediglich einen Preisnachlass beim Erwerb eines Gegenstandes oder einer Leistung einräumen. Es kommt maßgeblich darauf an, dass der Gutschein direkt zum Bezug eines Gegenstandes oder einer sonstigen Leistung berechtigt.

Des Weiteren unterscheidet die Richtlinie zwischen „Einzweck-Gutscheinen“ und „Mehrzweck-Gutscheinen“. Bei einem Einzweck-Gutschein stehen der Ort der Lieferung oder der sonstigen Leistung, auf die sich der Gutschein bezieht, und die für diesen Gegenstand oder die Leistung geschuldete Umsatzsteuer zum Zeitpunkt der Ausstellung des Gutscheins bereits fest. Sind diese Kriterien nicht erfüllt, handelt es sich um einen Mehrzweck-Gutschein.

2.2 Übertragung von Gutscheinen
Die Unterscheidung, ob ein Einzweck- oder ein Mehrzweck-Gutschein vorliegt, ist wichtig für die Frage, wie die Übertragung eines Gutscheins umsatzsteuerlich zu beurteilen ist. Die Übertragung eines Mehrzweck-Gutscheins ist nicht steuerbar. Erst die spätere Ausführung der Lieferung oder sonstigen Leistung, für die der leistende Unternehmer den Gutschein als Gegenleistung annimmt, unterliegt der Umsatzsteuer. Hingegen gilt die Lieferung oder Leistung, die dem Einzweck-Gutschein zugrunde liegt, bereits im Zeitpunkt der Übertragung oder Ausgabe des Einzweck-Gutscheins als ausgeführt. Das Einlösen des Einzweck-Gutscheins für die darin vorgesehene Lieferung oder sonstige Leistung führt zu keinem weiteren umsatzsteuerbaren Vorgang. Damit liegt beim Verkauf eines Einzweck-Gutscheins bereits ein steuerbarer Umsatz vor, auch wenn dieser später nicht eingelöst wird, d. h. die im Gutschein angegebene Lieferung oder Leistung tatsächlich nicht erbracht wird.

2.3 Handeln im fremden Namen
Handelt ein Vermittler bei der Übertragung eines Einzweck-Gutscheins im fremden Namen, gilt diese Übertragung als Lieferung oder sonstige Leistung durch den vertretenen Unternehmer. Der Vermittler erbringt lediglich Vertriebs- oder Absatzförderungsleistungen. Handelt hingegen der Vermittler bei der Übertragung eines Einzweck-Gutscheines im eigenen Namen, aber für fremde Rechnung, gilt die Lieferung oder Leistung als an den Vermittler ausgeführt. In diesem Fall ist der Vermittler in die Warenlieferung oder Dienstleistungserbringung eingebunden. Werden Mehrzweck-Gutscheine nicht von demjenigen, der die Lieferung oder Leistung gegen Einlösung des Gutscheins ausführt, sondern von einem anderen Steuerpflichtigen übertragen, hat dieser Vertriebs- oder Absatzförderungsleistungen zu versteuern.

2.4 Bemessungsgrundlage
Besonderheiten gelten für die Bestimmung der Bemessungsgrundlage für die Lieferung oder Leistung, die in Bezug auf einen Mehrzweck-Gutschein erfolgt. Grundsätzlich ist die für den Gutschein gezahlte Gegenleistung maßgeblich. Liegt diese Information nicht vor, ist der auf dem Gutschein selbst oder in damit zusammenhängenden Unterlagen angegebene Geldwert maßgeblich, abzüglich der Umsatzsteuer.

3. Ausblick
Die Neuregelungen für Gutscheine gelten erst für nach dem 31.12.2018 ausgestellte Gutscheine. Bis zum 31.12.2018 haben nun die Mitgliedstaaten Zeit, um die Richtlinie in nationales Recht umzusetzen. Dadurch werden auch Änderungen im UStG sowie im UStAE erforderlich, da bislang eine Unterscheidung zwischen Einzweck- und Mehrzweck-Gutscheinen nicht vorgesehen ist.

Ansprechpartner:

Eveline Beer
Rechtsanwältin, Steuerberaterin,
Fachanwältin für Steuerrecht
Tel.: 0211 / 540953 - 35
eveline.beer@kmlz.de

Stand: 12.07.2016