Umsatzsteuer Newsletter 02/2015
Neuregelungen bei der Selbstanzeige seit dem 01.01.2015
Zum 01.01.2015 wurde das Recht der Selbstanzeige u.a. durch Ausdehnung des Berichtigungszeitraums auf zehn Jahre sowie durch eine Erhöhung der Strafzuschläge im Sinne von § 398a AO erheblich verschärft. Im Bereich der Umsatzsteuer ergeben sich Erleichterungen, teilweise wird insofern wieder der alte Rechtszustand von vor dem Schwarzgeldbekämpfungsgesetz hergestellt. Demnach sind bei Umsatzsteuer-Voranmeldungen in Zukunft wieder mehrfache Korrekturen möglich. Dies gilt jedoch nicht für Umsatzsteuer-Jahreserklärungen, die weiterhin dem Vollständigkeitsgebot unterliegen.

Am 19.12.2014 hat der Bundesrat das Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung und des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung verabschiedet. Die Regelungen der Selbstanzeige wurden hierdurch zum 01.01.2015 erneut und teilweise erheblich verschärft. Andererseits ergeben sich für Unternehmen u.a. im Bereich von Umsatzsteuer-Voranmeldungen für die Praxis wichtige Erleichterungen.

1. Übersicht über die wichtigsten Änderungen
• „Entkriminalisierung“ bei Anmeldesteuern
• Ausdehnung der Sperrwirkung der Selbstanzeige
• Erhöhung der Zuschläge nach § 398a AO
• Ausdehnung Berichtigungszeitraum auf zehn Jahre

2. Rechtslage vor dem Schwarzgeldbekämpfungsgesetz
Die Einleitung von Steuerstrafverfahren wegen der verspäteten Abgabe oder der Korrektur von Umsatzsteuer-Voranmeldungen war vor Inkrafttreten des Schwarzgeldbekämpfungsgesetzes am 03.05.2011 eher selten und auf Einzelfälle beschränkt. Diese Vorgehensweise der Finanzbehörden war vor dem Hintergrund des in der Unternehmenspraxis häufig erforderlichen Korrekturbedarfs bei Umsatzsteuer-Voranmeldungen oder Umsatzsteuer-Jahreserklärungen auch sinnvoll und praxisgerecht.

3. Probleme seit dem Schwarzgeldbekämpfungsgesetz
Im Zuge des Schwarzgeldbekämpfungsgesetzes und der Abschaffung der sog. „Teilselbstanzeige“ hat sich dies grundlegend geändert. Korrekturen von Umsatzsteuer-Voranmeldungen waren unter Umständen als Selbstanzeige zu werten, welche dem Vollständigkeitsgebot unterliegen. Zudem ergab sich bei mehrfachen Korrekturen das Problem der Sperrwirkung, welche weitere strafbefreiende Korrekturen von Fehlern unmöglich machte.
 
4. Teilselbstanzeigen bei Umsatzsteuer-Voranmeldungen seit dem 01.01.2015 wieder möglich
Der Gesetzgeber hat die im Zuge des Schwarzgeldbekämpfungsgesetzes im Unternehmensbereich entstandenen Schwierigkeiten erkannt und einen neuen Absatz in § 371 AO eingefügt. § 371 Abs. 2a AO stellt insofern in weiten Teilen den Rechtsstand „vor Schwarzgeldbekämpfungsgesetz“ wieder her. So gelten nunmehr nachgeholte oder berichtigte Umsatzsteuer-Voranmeldungen und Lohnsteueranmeldungen wieder als wirksame Teilselbstanzeigen, das Vollständigkeitsgebot gilt insoweit nicht. Auch stellt die Tatentdeckung keinen Sperrgrund dar, wenn die Entdeckung der Tat auf der Nachholung oder Berichtigung von Umsatzsteuer-Voranmeldungen beruht. Im Ergebnis sind damit seit dem 01.01.2015 wieder mehrfache Korrekturen von Umsatzsteuer-Voranmeldungen möglich. Ebenso ist es für die Korrektur einer Umsatzsteuer-Jahreserklärung des Vorjahres nicht erforderlich, auch zugleich die Umsatzsteuer-Voranmeldungen des laufenden Jahres zu berichtigen.

5. Keine Erleichterung bei Umsatzsteuer-Jahreserklärungen
Dagegen bleibt es bezüglich Umsatzsteuer-Jahreserklärungen bei der bisherigen Rechtslage. Hier besteht das Vollständigkeitsgebot fort, strafbefreiende Teilselbstanzeigen sind hier auch zukünftig nicht möglich. Damit besteht die „faktische Unmöglichkeit“ der Abgabe von Selbstanzeigen im Unternehmensbereich – insbesondere bei größeren oder mittelständischen Unternehmen – fort: Hier ist es in der Regel aufgrund der Vielzahl und Komplexität der Geschäftsvorfälle nicht möglich, für die vergangenen fünf Jahre – der Zeitraum wurde nunmehr sogar auf zehn  Jahre verlängert – vollständige Angaben sicherzustellen.
 
6. Ausdehnung Berichtigungszeitraum auf zehn Jahre
Die zunächst vorgesehene Verlängerung der Strafverfolgungsverjährung für einfache Steuerhinterziehungen auf zehn Jahre ist im verabschiedeten Gesetz nicht mehr enthalten, es bleibt bei der bestehenden strafrechtlichen Verjährung von fünf Jahren. Allerdings hat der Gesetzgeber an seinem Willen festgehalten, den Berichtigungszeitraum der Selbstanzeige auf generell zehn Jahre auszudehnen. Zukünftig sind demnach Angaben zu allen unverjährten Steuerstraftaten einer Steuerart erforderlich, mindestens jedoch zu allen Steuerstraftaten einer Steuerart innerhalb der letzten zehn Kalenderjahre.

7. Ausdehnung der Sperrwirkung
Der Gesetzgeber hat die Sperrwirkungen bei der Selbstanzeige deutlich verschärft. So reicht zukünftig die Bekanntgabe der Prüfungsanordnung gegenüber „dem an der Tat Beteiligten“ für die Sperrwirkung aus, bislang war dies nur für den „Täter“ vorgesehen. Ebenso führt nunmehr auch eine Umsatzsteuer-Nachschau i. S. v. §  27b UStG, und nicht wie bislang lediglich eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung, die Sperrwirkung herbei. Nach Beendigung der Nachschau lebt die Möglichkeit zur Selbstanzeige dann wieder auf. Eine für die Praxis wichtige Erleichterung hat der Gesetzgeber ebenfalls vorgesehen: So ist die Sperrwirkung bei der Bekanntgabe einer Betriebsprüfung oder Umsatzsteuer-Sonderprüfung in Zukunft sachlich und zeitlich auf die in der Prüfungsanordnung aufgeführten Zeiträume beschränkt.

8. Änderungen bei § 398a AO
Nach neuem Recht wird der Strafzuschlag nach § 398a AO bereits ab einem Steuerverkürzungsbetrag von 25.000 Euro (bislang 50.000 Euro) festgesetzt. Ebenso sind die zu zahlenden Strafzuschläge (bislang einheitlich 5 % des Steuerverkür-zungsbetrags) deutlich erhöht und zudem gestaffelt: Sie betragen nunmehr 10 % bei Hinterziehungsbeträgen unter 100.000 Euro, 15 % bei Hinterziehungsbeträgen zwischen 100.000 Euro und 1.000.000 Euro sowie 20 % bei Hinterziehungsbeträgen über 1.000.000 Euro.

Ansprechpartner:

Dr. Daniel Kaiser
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht
Tel.: 089 / 217 50 12 - 62
daniel.kaiser@kmlz.de

Stand: 21.01.2015