Umsatzsteuer Newsletter 04/2015
Auswirkung von nichtsteuerbaren Zuschüssen auf die Vorsteueraufteilung
Seit Langem ist ungeklärt, ob und inwieweit sich nicht steuerbare Zuschüsse auf die Vorsteuerquote auswirken. Das aktuelle Verfahren vor dem BFH (V R 54/13) zeigt deutlich, dass Steuerpflichtige frühzeitig mitwirken müssen. Tun sie dies nicht, so kann im Wege der Schätzung eine Vorsteuerquote gebildet werden. Zuschüsse können dabei negativ im Nenner berücksichtigt werden. Steuerpflichtige haben es aber in der Hand, solche bösen Überraschungen zu vermeiden.


1. Problemstellung

Ein Unternehmer kann den Vorsteuerabzug aus bezogenen Leistungen nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG nur vornehmen, wenn er die Leistungen „für sein Unternehmen“ bezieht. Bei unionsrechtskonformer Auslegung bedeutet dies, er muss die Leistungen im Rahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit verwenden. Soweit der Unternehmer Leistungen für seine nichtwirtschaftliche Tätigkeit i. e. S. bezieht, ist der Vorsteuerabzug hingegen ausgeschlossen.

Im konkreten Fall war die Frage, wie bei einem Verein, der sowohl wirtschaftlich als auch nichtwirtschaftlich tätig wird, die Vorsteuerquote zu bilden ist. Der BFH musste in diesem Verfahren auch zu der Frage Stellung nehmen, inwieweit sich Zuschüsse auf die Vorsteuerquote auswirken.

2. BFH-Urteil v. 24.09.2014 (V R 54/13)
Der Kläger (Kl.) war ein eingetragener (nicht gemeinnütziger) Verein mit dem Zweck, die Zusammenarbeit seiner Mitglieder im Bereich der Luft- und Raumfahrt zu fördern. Der Kl. enthielt sich laut Satzung explizit einer unternehmerischen Marktteilnahme. Im Streitjahr hatte der Kl. folgende Einnahmen: Mitgliedsbeiträge, Zuschüsse des zuständigen Landesministeriums und in geringem Umfang Entgelte für steuerpflichtige Leistungen an seine Mitglieder. Der Kl. nahm aus Mietaufwendungen für Büroräume und für bezogene Werbeleistungen den Vorsteuerabzug in voller Höhe vor. Das Finanzamt erkannte den vollen Vorsteuerabzug jedoch nicht an. Es gewährte den Vorsteuerabzug nur anteilig nach dem Verhältnis der steuerpflichtigen Entgelte zu den Gesamteinnahmen.

Das Finanzgericht gab der Klage in nur sehr geringem Umfang statt. Das Finanzgericht bildete eine Vorsteuerquote im Wege der sachgerechten Schätzung, da der Kläger entgegen seiner bestehenden Mitwirkungspflicht keine Zurechnung vorgenommen habe. Interessant war dabei insbesondere die Tatsache, dass die (nicht steuerbaren) Zuschüsse die Vorsteuerquote negativ beeinflusst haben, da das Gericht bei der Bildung der Vorsteuerquote die Zuschüsse im Nenner berücksichtigt hatte:

Bemerkenswert sind auch folgende Aussagen des BFH:

• Wenn ein Verein die allgemeinen Interessen seiner Mitglieder vertritt, ist er nichtwirtschaftlich tätig.
• Für Zwecke des Vorsteuerabzugs wird zunächst versucht, die Eingangsleistungen direkt den Ausgangsumsätzen zuzuordnen.
• Dem Steuerpflichtigen obliegt die Mitwirkungspflicht, die Eingangsleistungen entsprechend zuzuordnen.
• Wenn der Steuerpflichtige dem nicht nachkommt, ist der Vorsteuerabzug (analog § 15 Abs. 4 UStG) zu schätzen.
• Die Zuschüsse und Mitgliedsbeiträge dürfen bei der Bildung der Vorsteuerquote in den Gesamtumsatz einbezogen werden.

Der BFH hat damit im Ergebnis das Urteil des Finanzgerichts gehalten. Nicht steuerbare Zuschüsse können sich deshalb negativ auf die Vorsteuerquote auswirken.

3. Auswirkungen auf die Praxis
Das Verfahren ist ein Musterbeispiel dafür, wie man nicht vorgehen soll. Der Vorsteuerabzug stellt bei vielen (gemeinnützigen) Vereinen eine große Herausforderung dar. Häufig ist unklar, in welcher Höhe der Vorsteuerabzug besteht bzw. wie die Vorsteuerquote zu bilden ist. Besonders problematisch wird es, wenn sich die Institution durch nicht steuerbare Zuschüsse oder Mitgliedsbeiträge finanziert.

Die Finanzverwaltung gewährt in Abschn. 2.10 UStAE erhebliche Erleichterungen beim Vorsteuerabzug. Darüber hinaus gibt es einige finanzgerichtliche Entscheidungen, die nicht steuerbare Zuschüsse bei der Bildung der Vorsteuerquote ausdrücklich außen vor lassen. In diesem Verfahren hat der BFH anders entschieden. Es muss dabei aber beachtet werden, dass es der Kl. offenbar in der Tatsacheninstanz nicht verstanden hat, den unmittelbaren Zusammenhang zwischen den Eingangsleistungen und den „besteuerten Umsätzen“ nachzuweisen. Der Kl. ist nach den Entscheidungsgründen nicht seiner Mitwirkungspflicht nachgekommen. Möglicherweise konnte er den Zusammenhang auch nicht nachweisen.

Für die Praxis bedeutet dies, dass der Vorsteuerabzug insbesondere bei zuschussfinanzierten Einrichtungen nicht mehr auf die leichte Schulter genommen werden kann. Es ist frühzeitig Vorsorge zu treffen. Das Umsatzsteuerrecht gewährt (noch immer) eine Reihe von Erleichterungen – vgl. insbesondere Abschn. 2.10. Abs. 6 UStAE. Es können sogar Aufteilungsverfahren mit der Finanzverwaltung vereinbart werden (Abschn. 2.10. Abs. 7 UStAE).

Ob der Ansatz des BFH, dass Zuschüsse bei der Bildung der Vorsteuerquote grundsätzlich (negativ) im Nenner zu berücksichtigen sind, für alle Fälle Anwendung findet, muss bezweifelt werden. Denn im Umkehrschluss zu Art. 174 Abs. 1 S. 2 MwStSystRL kann u.E. gefolgert werden, dass Zuschüsse – solange keine konkrete Umsetzung im nationalen Recht erfolgt ist – nicht in den Nenner gehören.

Ansprechpartner:

Prof. Dr. Thomas Küffner
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer
Tel.: 089 / 217 50 12 - 30
thomas.kueffner@kmlz.de

Stand: 12.02.2015