Umsatzsteuer Newsletter 07/2015
Änderung zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Preisnachlässen
Aufgrund geänderter Rechtsprechung können Vermittler ihre Umsatzsteuer nicht mehr mindern, wenn sie ihren Kunden Preisnachlässe zulasten ihrer Provision gewähren. Dies bestätigt das BMF mit seinem Schreiben vom 27.02.2015. Das BMF-Schreiben hat weitreichende Auswirkungen auf Vermittler z. B. von Mobilfunkverträgen, Autohändler, Zentralregulierer sowie Einkaufsverbände und Reisebüros. Den betroffenen Unternehmen bleibt nur wenig Zeit, ihre Strukturen anzupassen und ihre Abrechnungspraxis umzustellen.

1. EuGH-Urteil Ibero Tours und Folgeentscheidungen
In seinem Urteil vom 16.01.2014 hat der EuGH entschieden, dass Preisnachlässe, die das Reisebüro dem Reisenden gewährt, weder in der Leistungsbeziehung Reiseveranstalter – Reisender noch in der Leistungsbeziehung Reisevermittler – Reiseveranstalter zu Entgeltminderungen führen. Der BFH ist in seinen Urteilen vom 27.02.2014 und vom 03.07.2014 der EuGH-Entscheidung Ibero Tours gefolgt. Er hat seine bisherige Rechtsprechung zu Preisnachlässen von Reisebüros sowie von Vermittlern und Zentralregulierern entsprechend geändert.

2. BMF-Schreiben vom 27.02.2015
Das BMF setzt mit seinem Schreiben vom 27.02.2015 die Rechtsprechung des EuGH und des BFH um.

2.1. Keine Umsatzsteuerminderung
Eine Minderung der Bemessungsgrundlage kommt nicht in Betracht, wenn ein nicht an der Leistungskette beteiligter Unternehmer, sondern lediglich ein Vermittler dem Kunden auf die von ihm vermittelte Leistung einen Preisnachlass gewährt. Dies führt zu weitreichenden Auswirkungen für folgende Unternehmen:

• Vermittler: Preisnachlässe, die dem Telefonkunden vom Vermittler des Telefonanbietervertrages in bar gewährt werden, mindern nicht die Bemessungsgrundlage des Umsatzes der Vermittlungsleistungen, die der Vermittler gegenüber dem Mobilfunkunternehmen erbracht hat.
• Kfz-Händler: Preisnachlässe, die der Autohändler dem Käufer einräumt, mindern nicht die Bemessungsgrundlage des Umsatzes für vom Händler gegenüber dem Hersteller erbrachten Vermittlungsleistungen.
• Zentralregulierer und Einkaufsverbände: Preisnachlässe, die ein Zentralregulierer seinen Anschlusskunden gewährt, mindern nicht die Bemessungsgrundlage für die Leistungen, die der Zentralregulierer gegenüber den Lieferanten erbringt.
• Reisebüros: Preisnachlässe, die dem Abnehmer von Reiseleistungen vom Reisebüro für eine vom Reisebüro lediglich vermittelte Reise zugestanden werden, mindern nicht die Bemessungsgrundlage des Umsatzes der vom Reisebüro dem Reiseveranstalter gegenüber erbrachten Vermittlungsleistung.

2.2 Keine Vorsteuerkürzung
In das BMF-Schreiben wurde zudem explizit aufgenommen, dass die vom Vermittler gewährten Preisnachlässe auch nicht zu einer Berichtigung des Vorsteuerabzuges aus der vom Kunden empfangenen (vermittelten) Leistung führen. Im Falle der Zentralregulierer sind damit die Anschlusshäuser nicht verpflichtet, ihre Vorsteuern aus dem Wareneinkauf zu kürzen.

2.3 Würdigung des Nachlasses im „Ausnahmefall“
Unklar bleibt die Aussage, dass es „Ausnahmefälle“ geben kann. Der „Ausnahmefall“ soll darin bestehen, dass der Preisnachlass des Vermittlers sich nicht auf die vermittelte Leistung bezieht, sondern auf Grundlage einer bestehenden Leistungsbeziehung zum Kunden gewährt wird. Im Falle der Zentralregulierung könnten die Preisnachlässe „im Ausnahmefall“ als Entgelt für eine Leistung des Anschlusskunden an den Zentralregulierer qualifiziert werden oder als Minderung des Entgelts für eine Leistung des Zentralregulierers an den Anschlusskunden. Es ist vollkommen offen, wann solche „Ausnahmen“ gegeben sein sollen. Im Zweifel bedarf es hier einer sehr engen Auslegung, da der BFH in einem früheren Urteil einer Leistung vom Anschlusskunden an den Vermittler / Zentralregulierer bereits eine deutliche Absage erteilt hat (BFH, Urt. v. 13.03.2008, V R 70/06).

2.4 Nichtbeanstandungsregelung
Das BMF sieht eine Nichtbeanstandungsregelung vor. Demgemäß soll nicht beanstandet werden, wenn die Vermittler und Zentralregulierer bei Preisnachlässen bis zur Veröffentlichung der BFH-Urteile vom 27.02.2014 (V R 18/11) und vom 03.07.2014 (V R 3/12) im BStBl. II von einer Entgeltminderung ausgegangen sind. Dabei stellt das BMF klar, dass für die Berechnung der Umsatzsteuerminderung von dem Steuersatz auszugehen ist, der für den vermittelten Umsatz maßgeblich ist. Das bedeutet, dass der Zentralregulierer bis zur Veröffentlichung der BFH-Urteile die Umsatzsteuerminderung nicht zum Regelsteuersatz geltend machen kann, wenn die Warenlieferungen an die Anschlusshäuser zum ermäßigten Steuersatz erfolgen.

Für Preisnachlässe, die ab dem Tag nach der Veröffentlichung der Urteile im BStBl. II gewährt werden, dürfen Vermittler Zentralregulierer keine Minderung der Umsatzsteuer mehr vornehmen.

3. Hinweise für die Praxis
Den betroffenen Unternehmen bleibt nur sehr wenig Zeit, ihre Abrechnungspraxis und Vereinbarungen mit Kunden und Anschlusshäusern sowie ggf. Warenlieferanten umzustellen.

Vermittler und Zentralregulierer sollten ihre Vereinbarungen mit ihren Kunden bzw. Anschlusshäusern überprüfen. Falls ein Ausnahmefall denkbar ist, könnte sich daraus ein Zinsrisiko für Vermittler und Zentralregulierer ergeben.

Für die Zukunft ist sicherzustellen, dass aufgrund der Weiterleitung eines Teils der Provision keine Entgeltminderungen geltend gemacht werden. Des Weiteren ist auf Netto-Ausschüttungen umzustellen.

Je nach bestehenden Leistungsbeziehungen zu den Kunden oder Anschlusshäusern ist zu prüfen, ob das bestehende Vermittlungs- und Vergütungsmodell überhaupt noch umsetzbar ist. Gegebenenfalls ist die Umstellung auf andere Modelle erforderlich, um zu gleichen wirtschaftlichen Ergebnissen zu kommen.

Des Weiteren ist zu bedenken, dass Vertrauensschutz nach § 176 AO nicht für Umsatzsteuer-Voranmeldungen gilt. Vor diesem Hintergrund sollten Vermittler und Zentralregulierern die Umsatzsteuer-Jahreserklärung 2014 möglichst noch vor der Veröffentlichung der BFH-Urteile im BStBl. II abgeben.

Ansprechpartner:

Eveline Beer
Rechtsanwältin, Steuerberaterin
Tel.: 089 / 217 50 12 - 35
eveline.beer@kmlz.de

Stand: 04.03.2015