Umsatzsteuer Newsletter 08/2015
GoBD fokussieren sich stärker auf die Umsatzsteuer
Das BMF hat die aus dem Jahr 1995 stammenden GoBS und die GDPdU aus dem Jahr 2001 umfassend überarbeitet. Die Ergebnisse sind in die seit 01.01.2015 gültigen GoBD (Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff) eingegangen. Die Überarbeitung war überfällig. Neu ist dabei der auffallend häufige Bezug zur Umsatzsteuer. Vor diesem Hintergrund sollten die Unternehmen die Auswirkungen der neuen GoBD auf die internen umsatzsteuerlichen Prozesse untersuchen ‒ insbesondere auch unter Berücksichtigung der zunehmenden Bedeutung einer vollständigen und effektiven Tax Compliance.

Das Umsatzsteuerrecht verpflichtet den Unternehmer, Aufzeichnungen vorzunehmen und Unterlagen aufzubewahren (vgl. etwa §§ 22 und 14b UStG). Hierbei muss der Unternehmer die Ordnungsvorschriften der §§ 145 bis 148 AO beachten. In den neuen GoBD erläutert die Finanzverwaltung, wie die Ordnungsvorschriften ihrer Auffassung nach zu verstehen sind, wenn Aufzeichnung und Aufbewahrung mithilfe von Datenverarbeitungssystemen erfolgen.

Im Allgemeinen enthalten die neuen GoBD keine revolutionären Neuerungen. Überwiegend werden die bisher definierten Grundsätze fortgeführt. Die starke ertragsteuerliche Prägung ist geblieben. Allerdings wurden auffällig viele Verweise zu umsatzsteuerlichen Normen und Sachverhalten aufgenommen. Die Finanzverwaltung hat offenbar erkannt, dass die GoBD insbesondere für die meist elektronisch abgewickelten Massenvorgänge im Bereich der Umsatzsteuer erhebliche Bedeutung haben. Die neuen GoBD geben die Gelegenheit, zu prüfen, ob die Anforderungen an die umsatzsteuerlich relevanten Prozesse bislang ausreichend Beachtung fanden und auch praktisch gelebt wurden.

Folgende Punkte sind an den GoBD aus umsatzsteuerlicher Sicht besonders interessant:

1. Umfang
Welche Informationen aufzuzeichnen und welche Unterlagen aufzubewahren sind, hat jeder Unternehmer selbst zu entscheiden. In regelmäßigen Abständen sollte ein Review der Prozesse und Richtlinien vorgenommen werden. Die innerbetrieblichen Abläufe unterliegen aufgrund der rasch fortschreitenden Entwicklung der Technologien einer ständigen Änderung. Inwiefern die jeweiligen Abläufe GoBD-konform sind, sollte deshalb von Zeit zu Zeit geprüft werden.

2. Zeitgerechte Erfassung
Alle Vorgänge sind grundsätzlich laufend zu erfassen. Bei unbaren Vorgängen wird eine Erfassung innerhalb von 10 Tagen als unbedenklich eingestuft. Es ist aber auch eine monatsweise Erfassung zulässig, wenn Prozesse vorhanden sind, die den Verlust von Unterlagen verhindern. Dies kann ein konkretes Ablagesystem sein oder eine laufende Nummerierung der eingehenden und ausgehenden Rechnungen.
Letzteres ist in einigen EU-Ländern bereits als sog. Mehrwertsteuer-Register bekannt, an das in der Regel strenge formale Anforderungen geknüpft sind wie etwa eine sofortige Belegerfassung mit lückenloser fortlaufender Nummerierung. Die Prozesse im Bereich der Ausgangsrechnungen dürften in der Regel automatisiert und damit unproblematisch sein. Es sollte aber geprüft werden, ob auch die häufig manuellen Prozesse im Bereich der Eingangsrechnungen vom Empfang über Scannen, Vorerfassung, Freigabeprozess und Verbuchung den GoBD entsprechen.

3. Unveränderbarkeit
Für bestimmte Bereiche, wie z. B. den Inhalt elektronischer Eingangsrechnungen, ist Unveränderbarkeit zwingend. In vielen Bereichen können und müssen aber Änderungen vorgenommen werden. Hier kommt es darauf an, dass die Änderungen protokolliert werden und nachvollziehbar sind. Dies kann z. B. durch ein Logging erfolgen, mit dem die Identität der zugreifenden Person und die Änderungen aufgezeichnet werden. Das BMF-Schreiben nennt beispielhaft die Änderung von Stammdaten wie die im Fakturierungssystem hinterlegten Steuersätze oder Kundendaten. Hierzu gehören aber auch Vor- und Nebensysteme, die der Belegsicherung dienen, wie z. B. ein EDI-System, ggf. mit Schnittstelle zur Buchhaltung.

4. Externe Prozesse
Verantwortlich für die Einhaltung der GoBD ist der Unternehmer. Dies gilt auch, wenn einzelne Prozesse ganz oder teilweise an Dritte ausgelagert wurden, z. B. das Scannen von Unterlagen, die Prüfung / Archivierung von Reisekosten, die Verarbeitung von elektronischen Rechnungen oder die zollrechtliche Abwicklung durch Spediteure. Hierfür spielt es keine Rolle, ob der Dritte eine Konzerngesellschaft oder ein externer Dienstleister ist. Der Unternehmer muss daher die Prozesse bei Dritten von Beginn an regelmäßig prüfen und dies auch dokumentieren. Das trifft selbst für konzerneigene Shared Service Center zu. Gegebenenfalls sollten externe Dienstleister für Verstöße vertraglich zu Schadenersatz verpflichtet werden.

5. Aufbewahrung
Elektronische Aufzeichnungen und Unterlagen sind elektronisch aufzubewahren. Die Aufbewahrungspflicht richtet sich dabei nach der Funktion des Dokuments. Nur als Briefumschlag fungierende E-Mails ohne eigenen Inhalt sind deshalb nicht aufbewahrungspflichtig. Die hin und wieder vertretene Meinung, dass E-Mails aufzubewahren seien, wenn damit eine elektronische Rechnung im Anhang versendet wurde, ist damit überholt.

6. Dokumentation
Ein Schwerpunkt der GoBD ist die Dokumentation. In einer Verfahrensdokumentation ist der organisatorisch und technisch gewollte Prozess der Aufzeichnung und Aufbewahrung darzustellen. Daneben muss die tatsächliche Durchführung des Verfahrens dokumentiert werden, inklusive der im Rahmen des IKS durchgeführten Kontrollen und deren Ergebnissen. Fehlt die Dokumentation oder ist sie unvollständig, sollte zwar kein gewichtiger Mangel vorliegen, wenn Nachvollziehbarkeit und Nachprüfbarkeit gegeben sind. Der Unternehmer kann aber z. B. in eine Situation geraten, in der die „Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns“ für einen Vertrauensschutz oder die sog. „zumutbaren Maßnahmen“ bei unverschuldeter Verwicklung in einen Steuerbetrug maßgeblich werden. Eine vollständige, dem aktuellen Stand der Prozesse entsprechende Dokumentation kann daher entscheidend sein.

Ansprechpartner:

Ronny Langer
Dipl.-FW (FH), Steuerberater
Tel.: 089 / 217 50 12 - 50
ronny.langer@kmlz.de

Stand: 11.03.2015